Liebe Eltern …
… wahrscheinlich fragt ihr euch, warum wir Kinderphysiotherapeut:innen immer so hartnäckig sind
und das Krabbeln in den Vordergrund stellen, wo ihr Eltern doch bei euren Kindern vor allem auf das freie Sitzen und die ersten alleinigen Schritte wartet.
Ich habe schon sehr oft den Satz gehört: „Ich bin ja auch nicht gekrabbelt und es geht mir gut“.
Ich weiß aber aus meiner Erfahrung in der Therapie, dass das Nicht-Krabbeln weitreichende Auswirkungen auf die spätere Haltung, das Gleichgewicht und z.B. das Schreiben und Verhalten der Kinder in der Schule haben kann.
Was sind also die 7 Gründe, warum dein Kind unbedingt krabbeln sollte?
Grund #1: Krabbeln ist es die beste Vorbereitung für das spätere freie Gehen
Die alternierenden Bewegungen beim Krabbeln sind dieselben, wie beim Gehen und somit ein wunderbares Training.
Jedes Kind, das krabbelt, sollte ein sicheres Gangbild haben, denn Gleichgewichtsreaktionen und Muskelkraft werden während dieser "Trainingsmonate" beim Krabbeln geschult.
Grund #2: Krabbeln als Kräftigung
Beim Krabbeln kräftigt das Kind optimal seinen Rumpf und den Schultergürtel - etwas, für das wir ins Fitnessstudio gehen müssen 😊.
Ich erlebe immer wieder Kinder in der Therapie mit Haltungsauffälligkeiten/ Haltungsschwächen, die im 1. Lebensjahr nicht gekrabbelt sind.
Grund #3: Krabbeln wichtig für die Hirnentwicklung
Durch die kreuzkoordinierte, also entgegen gleiche Bewegung von Armen und Beine werden die beiden Gehirnhälften miteinander verknüpft.
Das ist vor allem später wichtig fürs Schreiben, denn da muss das Kind ja auch über die Mitte auf die Gegenseite gehen.
Grund #4: Feinmotorik
Beim Krabbeln ist der Druck auf die Hände sehr wichtig für die Entwicklung der Feinmotorik und somit später auch für das Schreiben.
Oft sehe ich bei Babys, die nicht krabbeln wollen, dass die Wahrnehmung der Hände eingeschränkt ist und sie die Hände gar nicht so gern "nutzen".
Das sind dann auch die Kinder, die sich (die Hände) nicht wirklich schmutzig machen wollen und niemals mit den Fingern essen würden.
Massage der Hände und Arme bringt hier Abhilfe und man sieht schnell, dass das Krabbeln gar kein Thema mehr ist.
Grund #5: Gleichgewichtsreaktionen
Krabbeln ist es wichtig für die Ausbildung des Gleichgewichts.
Was für uns von außen nach keinem großen Schritt aussieht, ist für das Kind eine Meisterleistung, denn immer wieder muss es das Ungleichgewicht ausgleichen und sich mit der Schwerkraft auseinandersetzen.
Kinder, die immer nur mittig im Langsitz oder Zwischenfersensitz sitzen und sich dann gleich hochziehen, haben oft schlechte Gleichgewichtsreaktionen und fallen später oft auf die Nase - ohne sich mit den Händen abzustützen.
Grund #6: Abbau der Reflexe
Durch das Krabbeln werden die frühkindlichen Reflexe abgebaut, die in dem Alter nicht mehr nötig bzw. hinderlich sind.
Ein Fortbestehen eben dieser Reflexe kann auch der Grund dafür sein, wenn dein Kind noch nicht krabbelt.
Grund #7: Haltungsschulung
Krabbeln ist es die beste Vorbereitung für die aufrechte Haltung, verhindert spätere Haltungsprobleme und Rückenschmerzen schon im Jugendalter.
Das monatelange Krabbeln ist ein super Training für die Rumpfmuskulatur und alle Aufrichtungsmuskeln.
Sobald dein Kind in den Stand kommt, ist "Schummeln" wieder leicht und Defizite können übersehen werden.
Was kann ich tun, wenn mein Kind absolut nicht krabbeln mag?
Ich schicke z.B. alle Kinder, auch die älteren Kindern, die im Babyalter das Krabbeln ausgelassen haben, durch den Tunnel.
Außerdem mache ich gern den unterstützten Vierfüßlerstand - also Vierfüßlerstand über meinem Oberschenkel und nutze den Pezziball, um das Kind in diese Position zu bringen.
Oft bringt auch eine Ganzkörpermassage viel - in dem Fall vor allem die Hände und die Knie, denn diese Auflagepunkte werden ja hauptsächlich gebraucht. Wenn dein Baby sich besser spürt, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es auch krabbeln wird.
Ich freue mich auf euer Feedback in den Kommentaren
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