· 

Fallbeispiel # 8 - Jugendlicher mit Haltungsschwäche

Der 10-jährige Junge, von dem ich euch heut erzählen möchte, hatte enorme Haltungsprobleme und auch Probleme in der Schule. Die Mutter hat sich immer Sorgen gemacht, aber keiner hat sie mehr ernst genommen. Ihr sind aber über längere Zeit immer wieder dieselben Dinge bei ihrem Sohn aufgefallen. Sie hatte schon viel ausprobiert, mit der Hoffnung eine Verbesserung zu erreichen und Spätfolgen zu vermeiden.


Haltungsschäden bei Jugendlichen nehmen in den letzten Jahren immer mehr zu.
Das vermehrte Sitzen und das permanente Handyschauen begünstigen natürlich die schlechte Haltung noch. Es geht los mit der Halswirbelsäule, die überlastet ist. Die Folge sind Verspannungen im Nackenbereich oder Kopfschmerzen. Im Bereich der Brustwirbelsäule kommt es zum Rundrücken und die Lendenwirbelsäule zeigt eine vermehrte Vorwölbung, in Form von einem Hohlkreuz. In dieser Haltung kommt es zu einer Muskeldysbalance zwischen Bauch- und Rückenmuskeln, die ohne gezielte Aktivierung bzw. Entspannung nur schwer zu beheben ist. Meist ist eine Körperseite zu schwach und die gegenüberliegende Seite schlecht gedehnt: z. B. die Schultergürtelmuskulatur hinten ist zu schwach und die Muskeln im Brustbereich vorn sind verkürzt oder die Bauchmuskeln sind zu schwach und die Rückenmuskeln haben eine vermehrte Spannung.
Natürlich spielt oft auch das beschleunigte Wachstum in der Pubertät eine wichtige Rolle. Ein zu schnelles Wachstum kann dazu führen, dass die Knochen einfach schneller wachsen als die Muskeln und somit Haltungsschäden und auch Schmerzen verursachen oder begünstigen können.

Was waren also die Auffälligkeiten des Jungen in meiner Praxis?


Zum einen, ist der Junge fast nur auf Zehenspitzen gegangen, obwohl er es anders auch konnte. Er hatte Konzentrations- und Abschreibeschwierigkeiten in der Schule und eine sehr schlechte Haltung, was mir schon beim ersten Kennenlernen auffiel, nachdem es ausgesehen hatte, als würde er im Wartezimmer gleich mit seinem Handy vom Stuhl vorn herunterrutschen. Beim ersten Gespräch saß er vor mir am Tisch und musste die ganze Zeit seinen Kopf abstützen – die Mutter meint, das macht er immer.

Was man nicht erwarten würde, ist das er 4x in der Woche Eishockey spielt und das gar nicht schlecht.

Bei der Frage, was sein Therapieziel ist, meint er: „Nicht immer gleich umzufallen, wenn jemand in anrempelt“. Sein Körper hatte dem einfach nichts entgegenzusetzen. Es fehlte ihm an der „Grundstabilität“ des gesamten Körpers, angefangen von der Halswirbelsäule (die er immer wieder „einrenken“ musste), über den Rumpf bis hin zu seinen Senkfüßen.

Wir haben sehr viele Übungen zur Kräftigung und Stabilisation gemacht, die er auch zu Hause gemacht hat. Schon nach kurzer Zeit hat er selbst Verbesserung bemerkt. Er meinte: „Es ist nicht mehr so schwer gerade zu sitzen und die Halswirbelsäule ist stabiler“. Auch in der Schule war es für ihn leichter aufzupassen und dem Unterricht zu folgen.


Vor allem Kinder, die sich wenig bewegen und viel sitzen, zeigen Hinweise auf Haltungsschäden. Die Probleme frühzeitig zu erkennen ist meist schwer, da sich anfangs keine Schmerzen äußern. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese aber spätestens im Erwachsenenalter auftreten, ist groß.

 
Sollten dir also Symptome bzw. Auffälligkeiten, wie Zehenspitzengang, schlechte Haltung (nicht nur im Sitzen), wiederkehrende Rückenschmerzen oder Konzentrationsprobleme in der Schule bei deinem Kind auffallen, dann kannst du mich gern anrufen und wir können uns das gemeinsam anschauen.

 
Meine Erfahrung mit den Patienten zeigt, dass es oft nicht allzu viele Therapieeinheiten braucht, um den Kindern dauerhaft zu helfen, denn die Tipps und „Übungen“ lassen sich gut in den Alltag einbinden, z. B. hilft es schon ab und zu den Stuhl beim Hausaufgaben machen, umzudrehen und sich wie auf ein Pferd rauf zusetzen. Es kommt automatisch zur Aufrichtung und ist ein guter Ausgleich zum angelehnten Sitz. Wichtig ist, dass Variabilität im Alltag vorhanden ist.
Es ist auch sehr wichtig, dass die Therapie so bald wie möglich stattfindet, vor allem auch in Hinsicht auf die Probleme in der Schule und dauerhafte Haltungsschäden.

Wie man Haltungsschäden vorbeugen kann und was man tun kann, um schon vorhandene zu verbessern oder zu beheben, schreibe ich euch in einem meiner nächsten Blogbeiträge.

 

Fragen könnt ihr gern in den Kommentaren stellen....

Symptome, die auf eine Haltungsschwäche hinweisen

  • nach vorn gefallene Schultern
  • vermehrter Rundrücken
  • vermehrtes Hohlkreuz
  • hervorstehender Bauch
  • Knick-senkfüße
  • überstreckte Knie & Ellenbogen
  • Kopfschmerzen
  • Konzentrations-und Aufmerksamkeitsprobleme
  • uvm.

Diese Artikel könnten auch interessant sein:

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Monika Wurzer (Mittwoch, 01 März 2023 05:13)

    Hallo Verena!
    Mein 10 Jähriger Sohn wächst mit ähnlicher Figur auf wie sein Vater bzw. Oma. Ich erkenne, dass seine Haltung erblich bedingt ist. Weiters hat er Verkürzungen und ist eher unbeweglich. Das macht mir große Sorgen, da ich möchte, dass er sich in seinem Körper wohlfühlt. Wir hatten schon eine Physiotherapie, können Übungen aber schwer in den Alltag integrieren, da ich ihn nur schwer dazu animieren kann. Handy ist natürlich auch Thema. Mir ist wichtig, dass nicht nur wir Eltern ihm erklären, zeigen und Hinweise geben zu Verbesserung seiner Haltung, sondern eine Expertin, die es wertschätzend und mit Freude macht. Vielleicht kann er es dann endlich ernst nehmen. Mit freundlichen Grüßen, Mag. Monika Wurzer